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2013, Hohe Tour einmal anders

Allein im Gebige unterwegs

Beim Wein mit den Naturfreunden wird die für nächstes Wochenende geplante Hohe Tour kurz besprochen, und ruckzuck finden sich erste Interessenten. Am Tag danach klingelt das Telefon, und weitere Leute melden sich an. So habe ich schon eine Woche zuvor 5 Teilnehmer. Natürlich kann ich meine Kletterfreunde nicht uninformiert lassen, wenn so ein besonderes Skievent stattfinden wird. So 6 bis 8 Leute kamen da immer zusammen. Und was soll es, man kann auch zu zehnt unterwegs sein. Wenn die Geschwindigkeiten einigermaßen zusammenpassen, kein Problem.
Im Lauf der Woche bekomme ich aber schon einige Absagen, so dass ich mit nicht zu vielen Leuten rechne. Am Samstagmorgen 5:30 Uhr bekomme ich die letzte Absage von den Naturfreunden, diesmal wegen eines eben verpassten Zuges.
Ich muss aber zum Treffpunkt, denn es könnten ja durchaus Leute mitwollen, die sich nicht angemeldet hatten. Also stehe ich 6:25 Uhr am Bus, und stehe, und stehe,… Am Hauptbahnhof könnte ja noch jemand Bekanntes zusteigen. Tut es aber nicht. Es sind erstaunlich wenige Skifreunde unterwegs, gerade einmal 20 Personen fahren zu früher Stunde ins Gebirge.
In Zinnwald herrschen beste Skibedingungen. Zwar ist es mit 20 Grad unter Null klirrend kalt, aber es liegt ausreichend Schnee, und gespurt ist auch. Dem Sonnenaufgang entgegen komme ich gut voran. Am Mückentürmchen schlägt das Wetter um. Zwar ist der Himmel noch blau, aber durch den starken Wind gibt es ein heftiges Schneefegen. Ich stehe im white out. Gerade hier muss das passieren! Hatte ich doch vor Jahren bei ähnlichem Wetter an einer Geländekante einen Sprung hingelegt, der Jens Weißflog zur Ehre gereicht hätte. Zumindest die Flugphase, die Landung erinnerte eher an einen nassen Sack. Doch ich habe diesmal Glück, sehe die Kante rechtzeitig und kann auch noch bremsen.
Bis Adolfov geht es gut voran, der Rückenwind treibt mich. Es ist sogar gespurt. Warum ist die Spur aber sinusförmig gewunden? Werden hier geschickt Gravitationseffekte ausgenutzt, oder waren die Leute einfach nur besoffen? Sei es drum, es geht allemal besser, als selbst zu spuren. Später führt die Abkürzung über Felder. Soll ich sie gehen? Was kann schon schiefgehen? Aber je weiter ich aufs freie Feld gelange, desto schlechter wird die Sicht. Ich bin fast orientierungslos, nur der Wind von rechts hinten gibt mir einen Anhaltspunkt. Eine verlassene Neubausiedlung taucht auf. Wo bin ich? Doch plötzlich kommt die Sonne raus, und in einer Nebellücke erblicke ich nur einen Kilometer entfernt den Funkturm, mein Zwischenziel. Ich biege 90 Grad ab und bin bald wieder auf der bekannten Strecke, nachdem ich durch teilweise knietiefen Schnee gespurt habe.
Kurz vor Tisa darf ich die wichtige Abzweigung nicht verpassen. Doch wie soll ich sie bei dem Wetter erkennen? Ich traue mich nicht und folge lieber dem ausgeschilderten Wanderweg. Weiter, aber dafür sicher. Der Weg endet dann vor einem militärischen Sperrgebiet. Doch es kommt ein Honza an, der mir den Weg nach Tisa erklärt. Immer dem gelben Wanderweg nach, sagt er. Gelbe Markierungen sind aber nirgendwo zu sehen. Das gibt er auch zu, behauptet aber, dass ich trotzdem richtig sei. Irgendwann kreuze ich den gelben Weg. Rechts oder links lang? Honza sagt, er fahre selber nach Tisa, ich solle ihm folgen. Eine Viertelstunde später kommt mir eine Gruppe von Skiläufern entgegen, die im Bus gesessen hatte. Auch sie fahren nach Tisa. Ich lasse Honza ziehen und kehre um. Wenig später rausche ich die gesplittete Abfahrt nach Tisa runter. Die Ski bekommen einen guten Erzgebirgsschliff.
Nun zu Fuß durch den Ort, um dann an der Touristenhütte wieder anschnallen zu können und die Strecke bis Sneznik mit letzter Kraft zu fahren. Dort muss ich erst mal in die Kneipe, um eine kurze Rast einzulegen. Es ist bereits Mittag, ich war 5 Stunden unterwegs. Ich schlinge schnell eine Knoblauchsuppe runter, dann hetze ich weiter. Schneeberg rechts umrunden, habe ich mir ausgesucht. Ich weiß, dass ich irgendwann nach links abbiegen muss. Aber wann? Aus Angst, im dicken böhmischen Nebel zu spät abzubiegen, biege ich wohl zu früh ab. Der erst gespurte Weg führt entlang des Schneebergmassivs und verliert sich dann. Ich steige etwas durch Felsen und Tiefschnee ab und bin auf dem richtigen Weg. Glaubte ich zumindest in dem Augenblick. Denn 2 Kilometer verliert sich der Pfad wieder im Nichts. Nach nochmaligem Abstieg treffe ich aber tatsächlich auf den rechten Weg. Bis Maxicky komme ich ganz gut voran. Ich gönne mir sogar eine Trinkpause. Die Thermoskanne ist eingefroren. Ich hacke den Verschluss frei und nehme einen Schluck Eiskaffee. Hier hat sich in den letzten Jahren wegebaulich einiges getan, es gibt einige neue Pfade. Die Wegweiser konnten der neuen Entwicklung aber nicht standhalten. Aber immerhin treffe ich einen verirrten Touristen mit einer aktuelleren Karte, so dass ich den Weiterweg zum Böhmischen Tor finde.
Beim Grenzübertritt wird das Wetter sofort besser, nun sehe ich vor mir das Massiv des Zschirnsteins. Wenig später bin ich vorm Zirkelstein, die Abkürzung übers Feld nach Schöna ist bei der guten sicht auch kein Problem. Schnell noch die Straße runter laufen, und Viertel fünf bin ich am Zug.
In der S-Bahn muss ich mich erst mal hinlegen. Eine Gruppe Jugendlicher bemerkt später: „Schaut euch den Penner an, iih, du dreckiges Pennerschwein, du stinkst so nach Scheiße“ Ich bin zu müde für eine Rangelei und ertrage sie schweigend. Durch meine Wegfindungsprobleme war ich bestimmt 55 km unterwegs und ausreichend matt.
Eins weiß ich: Ski laufe ich nicht mehr! Zumindest nicht bis zum nächsten Wochenende.


Autor/in: König

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